Insekten sind ein Fluch und ein Segen. Über jene mit Saugstachel wird allerdings besonders oft geflucht. Blutsauger, Plagen und Parasiten lauten dann die Schimpfwörter. Und tatsächlich zählen viele Insekten zu den Parasiten. Für Menschen und insbesondere für Tierhalter sind die kleinen Wesen allerdings in doppelter Hinsicht ein Übel. Zum einen gilt es, sich selbst vor Übergriffen zu schützen, zum anderen die geliebten Haustiere. Wer kennt sie nicht? Zecken an der Katzen, Flöhe auf dem Hund, und um das Pferd herum alles voller Bremsen und Stechfliegen. In den hohem Weidegras werden Pferde tagtäglich zur Zielscheibe von Stechattacken – leider somit auch in der Nähe befindliche Menschen.
Wertvolle Tipps gegen Pferdebremsen und Co. sind daher für Reiter und Pferdebesitzer Gold wert.
Die Pferdebremse und ihre Opfer
Schon von Weitem sind die Stechtierchen erkennbar. Nicht etwa an ihrer Größe oder wegen ihrer Farbe. Aber an hektisch um sich schlagenden und fluchenden Menschen, an genervt wedelnden Schweifen und Ohren der Pferde sowie so manchem wütenden Tritt ins Leere. Natürlich viel zu langsam um die Parasiten tatsächlich zu erwischen.
Sich gegen die Angriffe zu wehren, bedeutet für Zwei- und Vierbeiner große Anstrengungen, körperlich wie auch psychisch. Dies beginnt beim erstmaligen Verscheuchen, steigert sich bis zum eben erwähnten Ausschlagen und gipfelt nicht selten in einer Flucht von der Weide, verfolgt von der Paranoia, dass, egal wie schnell man der Plage versucht zu entkommen, immer noch irgendwo ein Parasit in der Nähe sein Unwesen treiben könnte. Kurzum, ein immenser Stress.
Bremsen – was ist das eigentlich?
Tabanidae, so der wissenschaftliche Name, bezeichnet die Familie der Bremsen. Sie gehören zu den Fliegen, genauer gesagt, zu den blutsaugenden Insekten. Besonders aktiv sind sie an schwül-warmen Tagen im Sommer bis Spätherbst. Zu den Vertretern gehören unter anderem folgende Unterarten:
- Goldaugenbremse
- Rinderbremse
- Pferdebremsen
- Regenbremse
- Gemeine Viehbremse
Insgesamt werden etwa 4.000 Arten gezählt, wobei die jeweiligen Unterschiede minimal sind. Nektar und Aas als Ernährung nutzen überwiegend die männlichen Exemplare. Meistens saugen ausschließen die Weibchen Blut. Ihr Ziel sind Warmblüter. Schon eine Blutmahlzeit genügt, um die nächste Generation in die Welt zu setzen.
Während andere Blutsauger, wie die Mücken, fast schon heimlich zu stechen, reißt die Bremse mit ihrem groben Mundwerkzeug eine sofort schmerzende Wunde in die Haut. Zurück bleibt auch keine winzig gerötete Stelle, sondern regelrechte Quaddeln, die über mehrere Stunden hinweg, wenn nicht gar Tage, schmerzen, jucken und anschwellen können. Zum Teil löst der Stich sogar allergische Reaktionen aus.
Bis zu 0,2 ml Blut nimmt eine Bremse pro Mahlzeit auf. Parallel injiziert sie ein gerinnungshemmendes Sekret, wodurch die Stichwunde noch nachblutet. Dadurch können aber ebenfalls Krankheiten übertragen werden, ähnlich wie bei Mücken und Zecken.
Die Pferdebremse im Detail
Jede Bremsenart scheint eine Vorliebe für spezielle Warmblüter zu haben. So sucht sich die Pferdebremse gezielt Pferde als Opfer. Wenn ein Mensch in der Nähe ist, nimmt sie diesen jedoch auch gerne als Alternative (und sei es im Sinne der ausgewogenen Ernährung).
Erkennbar sind Pferdebremsen an ihren rund 19 bis 25 mm langem Körper mit graubrauner Färbung. An Bäumen sind sie optimal getarnt und fallen daher erst in unmittelbarer Nähe auf. Meistens durch ihr deutliches Brummgeräusch, spätestens aber wenn sie zubeißen.
Pferdebremsen fliegen tief, verstecken sich im Gras, an Bäumen und Gebäuden. Da sie die größte einheimische Bremsenart sind und in der Regel eine gelbbräunliche Zeichnung aufweisen, lassen sie sich recht gut identifizieren. Das allein hilft aber noch nicht, um die lästigen Biester zu bekämpfen.
Wie finden Bremsen ihre Opfer?
Wer Bremsen bekämpfen will, muss denken wie eine Bremse. Beziehungsweise zumindest wissen, wie die Blutsaugern jagen. Es ist nämlich gar nicht der Geruch von Blut, der sie anlockt. Sondern Schweiß.
Nun ist es logischerweise naheliegend, dass wir und unsere Pferde an heißen, schwülen Sommertagen schwitzen, also dann wenn die Parasiten besonders aktiv sind. Aber selbst kleinste Geruchsspitzen würden die Aufmerksamkeit von Bremsen in der Nähe erregen. Sie orientieren sich zudem hauptsächlich über ihren Geruchssinn.
Visuell unterscheiden sie überwiegend hell und dunkel, wobei dunkel eher attraktiv auf sie wirkt. Folglich werden dunkle Pferde und dunkel gekleidete Menschen eher ins Visier genommen. Dies mag an der eigenen Tarnfarbe der Bremsen liegen. Auf einem Schimmel oder weißen Shirt wären sie sofort erkennbar. Quasi schneller aufgeflogen.
Ebenfalls werden sie von Bewegung angezogen, die zumeist mit vermehrter Schweißbildung und Atemluft einhergeht – den wichtigsten Indizien für eine Bremse, dass ein Opfer in der Nähe ist und nur darauf wartet, gebissen zu werden.
Mit Fluggeschwindigkeiten bis zu 6,5 km/h holen sie außerdem selbst Wanderer und laufende Pferde ein. Erst ein kurzer Sprint kann die Plagegeister abhängen, wobei an der nächsten Ecke womöglich schon weitere lauern.
Pferdebremsen und Co. abwehren
Nun stellt sich für viele Reiter und Pferdebesitzer natürlich die Frage, wie sie sich den Blutsaugern erwehren können, am besten ohne im Dauersprint über die Wiese hechten zu müssen. Auch den Pferden selbst setzen die Parasiten zum Teil so arg zu, dass Entzündungen, tiefe Wunden und insbesondere Stress-Symptome entstehen können.
Ihre Funktion als Krankheitsüberträger macht die Bremsen jedoch erst so richtig unbeliebt. In tropischen Gefilden ist die Infektionsgefahr zwar deutlich höher als in Deutschland. Sie gelten aber auch hierzulande als Zwischenwirt für Borrelien, die zum Beispiel die Lyme-Borreliose auslösen: Eine chronische Krankheit, welche Haut, Nervensystem und Gelenke angreift. Milzbrand, Tularämie und die Weilsche Krankheit können ebenfalls von Bremsen übertragen werden. Theoretisch wäre sogar eine Infektion mit HI-Viren möglich, wenngleich noch keine Fälle durch Bremsen-Stiche bekannt sind. Der Saugrüssel der Pferdebremse wäre dafür allerdings groß genug.
Es gibt also zahlreiche Gründe, sich die Blutsauger, nicht nur Pferdebremsen sondern auch alle anderen, vom Leib zu halten.
Tipps gegen Pferdebremsen
Möchte man die Angreifer effektiv aber ohne weitere Nebenwirkungen abwehren, empfiehlt sich helle, lange, dicke und nicht eng anliegende Kleidung. Für Pferde gibt es äquivalent :
- Schutzdecken, auch Fliegendecken genannt (Vorsicht vor Stauwärme und Hitzschlag!)
- Ohren- und Augenmasken
- Fransenbänder zum Schutz der Augen
- Netze, partiell für Ohren und Augen, aber auch für die Nüstern oder als Ganzkörper-Variante
Textilien helfen zumindest bedingt und vor allem unterwegs. Vorrangig gegen Mücken. Eine Bremse lässt sich von einen zu dünnen Stoff nicht wirklich aufhalten. Und so kursieren zahlreiche Gerüchte, aber auch ein paar wirklich wertvolle Tipps speziell gegen Pferdebremsen, getreu dem Motto „Not macht erfinderisch“:
- Repellents: Mit einer Salbe basierend auf den Wirkstoffen DEET, EBAAP oder Icaridin wird die Haut- / Felloberfläche eingerieben und der eigene Körpergeruch unterdrückt beziehungsweise in eine abschreckende Mischung umgewandelt. Die Toxine wirken leider nicht nur auf Bremsen, sondern über die Haut auch auf den eigenen Körper. Dosierung und Anwendung sind daher mit Vorsicht zu genießen. Auflageflächen vom Sattel müssen außerdem unbehandelt bleiben, um ein Scheuern zu verhindern.
- Ätherische Öle: So wie Duftkerzen Mücken abhalten sollen, könnte dies auch mit ätherischen Ölen gelingen. Leider verfliegt der Duft recht schnell und reizt gegebenenfalls Augen, Schleimhäute und Atemwege. Hier ist es besonders wichtig, darauf zu achten, was die Pferde vertragen beziehungsweise mögen. Gelegentlich kommt es zu Verwirrungen innerhalb der Herde, wenn ein Mitglied anders riecht.
- Haushaltsmittel: Essig, Knoblauch, Zwiebeln – lokale Anwendungen verschaffen kurzzeitig Ruhe und kühlen sogar bereits gestochene Stellen. Aber über mehrere Stunden hält der Effekt leider nicht an. Ist auch nicht jedermanns Sache, so ein nach Knoblauch duftendes Pferd-Reiter-Gespann. Gleichermaßen macht die Dosis das Gift. Zu viel des Guten, könnte ebenfalls zu Reizungen und Hautausschlägen führen.
- Bremsenfalle: Das Pendant zur Mottenfalle und Mückenfalle besteht für die Bremsen aus einem nach unten hin offenen, kegelförmigen Netz, in dessen Innerem ein schwarzer Gummiball als Lockmittel befestigt ist. Der heizt sich in der Sonne auf, als wäre er ein wechselwarmes Tier, dunkel ist er auch – erfüllt also optimal das Beuteschema. Die Bremsen fliegen hinein, könnten auf Grund ihrer Natur nur nach oben hin wieder aufsteigen, wo sie aber vom Netz gefangen gehalten werden. Die Konstruktionen werden im Idealfall mehrfach in der Umgebung platziert, so dass die Wiese optimal von Bremsen befreit wird. Das Ganze geschieht ohne Nebenwirkungen für Mensch und Pferd. Und das Beste: Bereits im kommenden Jahr ist die Population der Bremsen deutlich reduziert, da sie sich nur einmal pro Jahr vermehren.
- Waschen: Das mag banal klingen, aber eine frische Dusche befreit vom Schweißgeruch und mit sensitiver Seife werden kleinere Parasiten zumindest kurzweilig ferngehalten. Im Gegensatz zur chemischen Behandlung oder ätherischen Duftwolke akzeptieren die meisten Pferde Seife ganz gut.
- Nicht waschen: Jetzt wird‘s paradox. Nicht zu waschen kann genau so effektiv sein wie zu waschen. Das hängt stark von den Umständen ab. Bei Schwüle ist die Dusche optimal. Bei trockener Hitze dagegen schützt eine ordentliche Schlammschicht viel besser. Die getrocknete Erde bildet eine feste Kruste auf der Haut und schützt sie so vor den Blutsaugern. Leider bildet sich die Schlammpackung nach dem Suhlen im Matsch meistens nur partiell. Und viele Menschen wollen nicht einmal das, weil es ihnen zu eklig ist.
- Zebrastreifen: Forscher konnten beobachten, das Zebras weniger von Parasiten angeflogen werden als gleichfarbige Tiere. Der Grund mag im Muster liegen, da die Umrisse des Körpers schwerer auszumachen sind. Bremsen, die zudem stark auf Hell-Dunkel-Kontraste achten, dürften zusätzlich irritiert werden. Zum Bemalen eignen sich Fingerfarben, Mehl – oder Kohle-Mixturen sowie Schlammpackungen. Wichtig ist ein starker Kontrast zur Fellfarbe und dass die Streifen vertikal verlaufen. Dabei ist es egal, ob es nun ein weißes Pferd mit schwarzen Streifen wird oder ein schwarzes Pferd mit weißen Streifen…
Die äußerliche Anwendung von Sprays, Gelen und Salben wirkt in der Regel nicht nur gegen Bremsen, sondern hält ebenso Stechfliegen, Mücken, Zecken und Flöhe fern. Alle Blutsauger also, die sich am Schweißgeruch orientieren. Dies ist neben textilen Schutzschichten nach wie vor die beste Möglichkeit, sich unterwegs zu schützen. Zum Beispiel beim Ausritt, zu Spazierengehen oder auch beim Longieren und Reiten auf dem Reitplatz.
Wichtig ist immer, sich selbst und das Pferd beim gemeinsamen Zusammensein zu schützen. Sonst lockt einer von beiden am Ende doch die Parasiten an. Ein besonderer Augenmerk sollte zudem auf kleine Kinder und Schwangere gerichtet werden, sowie auf Fohlen und tragende Stuten. Viele der chemischen Anti-Bremsen-Spray wirken toxisch und können der körperlichen wie auch geistigen Entwicklung schaden. Über Nebenwirkungen wird oftmals nur spekuliert und daher raten die Hersteller vorsichtshalber vom Gebrauch durch diese Risikogruppen ab.
Auf der Koppel und am Reitplatz haben sich demnach die Bremsenfallen am Besten bewährt. Aber auch rein präventive Maßnahmen, wie während der Mittagshitze lieber im kühlen Stall zu verweilen, stehende Gewässer zu vermeiden und die Weide zu pflegen, sodass Insekten dort weniger brüten, erweist sich in der Regel als gute Option beim Kampf gegen die ortsansässigen Bremsen.
Tipps für trotzdem Gestochene
Trotz aller Vorkehrung lässt sich der ein oder andere Parasit nicht überlisten. Und man kann sie nicht alle töten.
Festgesaugte Zecken sollten folglich umgehend mit einer Zeckenzange entfernt werden. Bei Stichwunden hilft Kühlen gegen den Juckreiz. Unbedingt zu berücksichtigen sind die Risiken einer Überreaktion oder gar Allergie, ausgelöst durch die Insektenstiche. Bei plötzlich starkem Schwitzen, Zittern, Schwäche und Kreislaufstörungen sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Dies gilt sowohl für Menschen als auch für Pferde – selbstredend mit dem entsprechenden Facharzt.
Auf keinen Fall sollte an der Einstichstelle gekratzt werden, da so Bakterien in die Wunde gelangen könnten. Weitere Entzündungen und Beschwerden wären dann mitunter die Folge. Besonders problematisch sind dabei die empfindlichen Regionen um die Augen. Pferde versuchen oftmals sich an Rinden, Zäunen oder Ähnlichem vom Juckreiz Erleichterung zu verschaffen und verletzten sich dabei zusätzlich.
Notfalls muss die Wunde desinfiziert und abgedeckt werden, beispielsweise durch Mullbinden, Bandagen oder – bei Menschen – mit Pflastern.
Zur Beruhigung der strapazierten Nerven auf Grund von Hitze, Schwüle und dann auch noch eine Armada an blutsaugenden Insekten, empfiehlt sich wiederum Kühlung, viel Trinken und bei Bedarf eine Gabe Kamille, entweder als Futterzusatz, als Tee oder als homöopathisches Mittel. Kamille kann zudem äußerlich angewendet, die Wunde beruhigen und die Heilung anregen.
Mit ein paar guten Tipps und den richtigen Vorkehrung lassen sich dann auch Pferd und Reiter nicht mehr ausbremsen, den Sommer zu genießen.