Pferdesprache für Anfänger

Jede Spezies hat ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten. Dementsprechend unterschiedlich sind die Sprachen der Tiere – und damit auch die Missverständnisse , die daraus entstehen können. Wenn wir Menschen die Hinweise unserer Haustiere nicht richtig verstehen beziehungsweise sie falsch deuten, kann das zu erheblichen Konflikten führen. Insbesondere die Pferdesprache sollte Anfängern von Beginn an vertraut sein, damit Unfälle vermieden werden und das innige Verhältnis zu dieses wunderbaren Geschöpfen sich entfalten kann.

Was ist das Besondere an der Pferdesprache?

Tipps für Anfänger, um die Pferdesprache zu erlernen

Foto: Leszek Glasner – Shutterstock

Die Art und Weise, wie ein Tier kommuniziert, hängt stark von seiner Statue ab und den Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen ebenso wie von der Sensibilität der Sinne. So haben Fische eine andere „Sprache“ als Vögel oder Säugetiere.

Die Sprache der Pferde hat jedoch schon immer den Menschen fasziniert, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: Ihre Art wirkt besonders elegant und edel. Pferde sind weder flatterhaft noch unberechenbar. Vielmehr nimmt ihre Kommunikation eine fließende Bewegung an, die uns Menschen sehr vertraut erscheint. Und wir können demzufolge sehr bewusst darauf eingehen und uns mit dem Pferd verständigen.

Gestik und Körpersprache der Pferde

Mit ihrer Körperhaltung vermitteln uns die Pferde bereits auf Distanz in welcher Stimmung sie gerade sind. In erster Linie sind und bleiben sie Fluchttiere. Immer aufmerksam. Immer in Alarmbereitschaft. Und manchmal auch mit dem Schalk im Nacken.

Ein ausgeglichenes Pferd wird zum Beispiel ruhig vor sich hin grasen oder hat die Augen geschlossen, die Unterlippe hängt entspannt und ein Hinterlauf ist angewinkelt. Dagegen sieht man einem gestressten Pferd ganz deutlich die Anspannung an. Die Muskeln sind gestrafft, der Hals ragt empor und die Ohren stehen aufrecht, um ja kein Geräusch zu verpassen.

Anfängern fallen solche Gesamteindrücke in der Regel sehr schnell auf. Kennen wir sie doch in ähnlicher Weise von anderen Tieren und sogar von uns selbst.

Bei den Details wird es schon komplexer und damit steigt die Gefahr für Missverständnisse. Viele kennen zum Beispiel den heran laufenden Hund, der vor Freude mit dem Schwanz wedelt. Katzenbesitzer dagegen wissen, dass das Hin und Her des Schwanzes vielmehr für Aufregung im allgemeinen Sinne steht. Adäquat dazu wedeln Elefanten mit den Ohren und Pferde eben mit ihrem Schweif. Wobei dieser nicht hin und her, sondern eher auf und ab schwingt.

Doch was hat es nur im Einzelnen mit den Gesten auf sich? Warum kauen Pferde? Was wollen sie uns sagen, wenn sie den Kopf hochreißen oder mit den Füßen scharren? Viele Sprachelemente lassen sich leicht von uns Menschen ableiten, andere wiederum sind sehr speziell in der Pferdesprache:

  • Ohrenhaltung: Wie bei anderen Säugetieren auch, richten sich die Ohren auf, wenn das Pferd aufmerksam zuhört und beobachtet. Dabei drehen sich die Ohrmuscheln in die Richtung, die gerade der Aufmerksamkeit bedarf. Angelegte Ohren dagegen bringen Scheu zum Ausdruck. Das Tier nimmt die Situation als bedrohlich war und kann sogar selbst zur Bedrohung werden, sollte es trotz dieser Warnung weiter bedrängt werden. Dass die Ohren manchmal unwillkürlich zucken, hängt eher mit Fliegen und anderen Parasiten zusammen, die das Pferd in den Ohren kitzeln.
  • Gesten mit dem Maul: Wenn ein Pferd die Oberlippe hochzieht kann das völlig albern aussehen, hat aber einen guten Grund. Das auch als Flehmen bekannte Verhalten dient dem intensiven Riechen. Vor allem wenn „Liebe“ in der Luft liegt, sprich die Sexualbereitschaft erkundet wird, können die Tiere so selbst kleinste Duftspuren und Hormone wittern. Hängt stattdessen die Unterlippe schlaff herab, ist das Pferd einfach tiefenentspannt. Auch Kauen trägt zur Entspannung bei. Zwar sind Pferde anders als Rinder keine Wiederkäuer, aber das ausgiebige Mahlen mit den Zähnen beruhigt sie, fördert die Verdauung lockert die Kiefermuskulatur.
  • Kopfbewegungen: Wer einmal einen Pferdekopf abbekommen hat, weiß, welch unglaubliche Kraft in diesem vergleichsweise kleinen Körperteil der Pferde steckt. Das verdanken sie ihrem stark ausgeprägtem Hals. Entsprechend vielseitig setzen sie ihren Kopf ein, um jemanden anzustupsen, Leckerlis zu fordern – oder durch ruckartiges Hochwerfen des Kopfes eine Abwehrhaltung zu signalisieren. Anfänger sollten in so einer Situation wissen, wie sie richtig reagieren können. Nicht selten folgt nämlich auf das Kopfwerfen ein Vorderhuf oder das Pferd steigt sogar. Ein allgemeines Kopfschütteln dagegen dient zur Lockerung und um Fliegen zu Vertreiben. Beim Dressurreiten wird zum Beispiel genau Wert auf Kopf- und Halshaltung gelegt, denn dadurch lässt sich erkennen, ob das Tier verkrampft oder aber optimal konzentriert ist.
  • Hufscharren: Ein klares Zeichen für Ungeduld. Manchmal nutzen Pferde ihre Hufe um im Schnee nach Gras zu scharren, sich im Sand eine schöne Kuhle zu bauen oder sich im Wasser abzukühlen. Als Form der Körpersprache bedeutet es jedoch einfach eine Mischung Langeweile, Bewegungsdrang und Ungeduld.
  • Körperhaltung: Durch Haltung von Kopf, Hals, aber auch der gesamten Muskulatur ergibt sich eine bestimmte Ausstrahlung, mit der Pferde ihre Stimmung vermitteln. So wie ein herab geneigter Kopf Unterwürfigkeit signalisiert, kann ein angedrückter Schweif, ähnlich dem eingezogen Schwanz bei Hunden, Angst verdeutlichen, im Zweifelsfall sogar Schmerzen. Dabei ist immer das Gesamtbild entscheidend, denn die Pferdesprache ist in sich sehr stimmig. Einen Hengst beim Imponieren zu beobachten kann ebenso aufschlussreich sein, wie eine Stute kurz vor dem Fohlen.

Laute in der Pferdesprache

Dass die Laute der Pferde Wiehern heißen, ist wohl jedem bekannt. Auch dass sie hin und wieder schnauben und sich anderweitig durch Geräusche bemerkbar machen, werden Anfängern schnell feststellen.

Im Vergleich zu anderen Tierarten wie beispielsweise Vögeln, kommunizieren Pferde jedoch relativ wenig über Laute. Ihr Schnauben und Wiehern kann eine Begrüßung sein, ebenso aber auch ein Zeichen von Angst. Durch das Wiehern rufen die Pferde nach ihrer Herde – oder nach den ihnen vertrauten Menschen.

Anhand der Tonlage und der restlichen Körpersprache kann der erfahrene Pferdeliebhaber gleich die Situation einschätzen und weiß genau, was sein Pferd ihm sagen möchte. Anfängern fällt es zunächst schwerer die Laute richtig zu deuten. Ähnlich wie bei der Brabbelsprache der Kinder, die man nicht durch Worte versteht, spielen Erfahrung und Vertrautheit zu dem jeweiligen Wesen eine große Rolle.

Wenn Pferde miteinander „sprechen“

Untereinander begegnen sich Pferde anders als dem Menschen gegenüber. Sie sind intelligent genug, Artgenossen von den Zweibeinern zu unterscheiden und wissen ganz genau, wie sie mit wem umgehen dürfen. Dabei kann es gerade auf Anfänger manchmal einschüchternd wirken, wenn die Herde sich erst keilt und im nächsten Augenblick auf einen zugestürmt kommt. Es bedarf mitunter viel Vertrauen in die sanften Athleten, dass sie ihre Kräfte wirklich kennen und steuern können.

Prinzipiell gehen Pferde innerhalb ihrer Herde sehr behutsam miteinander um. Dem Leittier wird Respekt gezollt, die Fohlen werden behütet und oftmals entstehen langlebige Freundschaften unter den Tieren, wie wir uns Menschen sie nur wünschen können.

Kommen neue Mitglieder in die Herde, muss die Rangordnung wieder geklärt werden. Auch Wetterumschwünge, Nahrungsknappheit und das allgemeine Temperament der Pferde führen zu Auseinandersetzungen, die meistens dramatischer aussehen, als sie eigentlich sind. Manchmal war ein Tier krankheitsbedingt separat untergebracht und stößt erst nach Wochen wieder zur Herde. Die Mischung aus Freude und Anspannung entlädt sich dann in einem wilden Geplänkel, wo der Mensch sich lieber raus halten sollte. Die Masse und Geschwindigkeit, mit der die Tiere sich austoben, wird am besten durch ihre eigenen Sprachmuster gezügelt.

Selbst wenn sich Pferde gegenseitig beißen oder mit den Hufen ausschlagen, geschieht dies in der Regel nicht mit der Absicht den anderen zu verletzten, sondern lediglich zu verwarnen. Beim Beobachten der Herdendynamik können wir Menschen vieles über die Pferdesprache lernen.

So kommuniziert das Pferd mit dem Menschen

Manchmal scheint es so, als würden uns die Pferde für besonders zerbrechlich halten. Sie bringen den Menschen ein äußerst sanftes Gemüt entgegen, das nicht zuletzt auf gegenseitigem Vertrauen basiert.

Kennen sich Pferd und Mensch näher, wissen die Tiere zum Beispiel genau, wo die Leckerlis versteckt sind und graben vorsichtig aber bestimmt in den Taschen danach. Sie begrüßen ihre  Reiter mit Schnauben und Wiehern, halten beim Schmied auf Kommando den Huf hoch und kuscheln sich an ihre Freunde. Pferde sind nicht nur gesellig, sie lieben die Nähe, wollen gestreichelt werden und hören auch unseren Stimmen gerne zu. Sie sind neugierig und gelehrig.

Es überrascht daher nicht, wie schnell sie uns an den Stimmen erkennen, auf Kommandos hören und sich von Menschen beruhigen lassen. Werden unsere Anweisungen zittrig, wird auch das Pferd nervös, weil es heraus hört, dass etwas nicht stimmt. Sie haben einen sehr feinen Sinn für unsere Körpersprache, Haltung und Gesten. Auch das sollten Anfänger unbedingt bei der Kommunikation mit den Pferden berücksichtigen.

Tipps für Anfänger, um die Pferdesprache zu erlernen

Je nach Rasse, Herkunft und Zuchtziel haben Pferde sehr unterschiedliche Wesenszüge. Und natürlich ist jeder Charakter einzigartig. Grundsätzlich sollten sich Anfänger zunächst einmal genau bewusst darüber werden, mit was für einem Pferd sie es zu tun haben.

Ponys scheinen auf den ersten Blick harmlos, haben es aber meistens faustdick hinter den Ohren. Die kleinen Vierbeiner können ganz schön frech werden, wahrscheinlich eben weil man ihnen nichts Schlimmes zutraut und schlechtes Verhalten nicht rechtzeitig unterbindet. Einige kennen das von kleinen Hunderassen.

Auf der anderen Seite werden Kaltblüter, die Giganten unter den Pferden, als sehr sanftmütig, vielleicht auch etwas faul eingeschätzt. Dabei bringen die Kraftpakete auch einiges an Sturheit mit.

Dazwischen gibt es unzählige Varianten an Temperament und Charakteren. Auch wie die Pferde eingesetzt und erzogen werden, spielt für die Kommunikation eine große Rolle. Zuchtstuten verhalten sich anders als Rennpferde. Kinderponys, Schulpferde und Polizeipferde müssen ganz unterschiedliche Ansprüche erfüllen, ebenso wie das Kutschpferd oder ein Westernpferd.

Wie kann die Kommunikation zum eigenen Pferd verbessert werden?

Der beste Weg sein Pferd und dessen Sprache kennen zu lernen, ist möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen. In erster Linie lernt der Mensch die Pferdesprache durch Beobachten. Wie verhält sich das Pferd auf der Koppel? Wie im Stall? Gibt es bestimmte Einflüsse, die sein Verhalten ändern?

Auf die Art erfährt der versierte Pferdeliebhaber eine Menge über seinen Schützling. Zum Beispiel ob das Tiere laute Geräusche scheut oder vielleicht sogar Musik mag. Wo es gerne gestreichelt wird, am Hals, am Po oder sogar am Bauch.

Durch Spiele und Übungen, sowie die Auseinandersetzung mit bestimmten Situationen, kann die Kommunikation zum eigenen Pferd deutlich verbessert werden. Reiter und Pfleger sollten immer wieder die Zeit und die Hingabe finden, ihrem Pferd gut zu zuhören und die Sprache untereinander abzustimmen.

Wie sollten Anfänger mit fremden Pferden umgehen?

Bereits in den ersten Sekunden, in denen sich Pferd und Mensch begegnen, passiert vieles auf einmal. Wer sich einem fremden Pferd nähert, sollte daher gerade als Anfänger ein paar Dinge berücksichtigen:

  • Dem Pferd immer von vorne nähern, so dass es einen gut im Blick hat und sich nicht überrumpelt fühlt
  • Dem Pferd Gelegenheit geben, erst einmal zu riechen und genau zu prüfen, wer da vor ihm steht
  • Dem Pferd Sicherheit vermitteln, durch eine selbstbewusste Ausstrahlung, aufrechte Körperhaltung und eindeutige Körpersprache
  • Auch die eigene Stimme kann Vertrauen schaffen

Mit dem Pferd reden, es streicheln und auf seine Gesten eingehen, schafft schnell ein gutes Vertrauensverhältnis. Prinzipiell sind die Tiere sehr aufgeschlossen und lassen sich gerne verwöhnen. Unter Rücksichtnahme auf ihren Fluchtinstinkt, ihr Sensibilität und Intelligenz, erschließt sich jedem Anfänger alsbald die Pferdesprache von ganz allein.

Übungen zum Erlernen der Pferdesprache

Um sich die Pferdesprache schneller anzueignen, gibt es ein paar einfache Übungen, die sowohl Anfänger als auch Profis, die sich einem neuen Pferd widmen, beherzigen können. Dazu gehört in erster Linie die Pflege des Pferdes. Durch Putzen, Striegeln, Bürsten und Hufpflege lernt man sich sehr gut kennen. Selbstverständlich sollte diese „Übung“ grundsätzlich zu jedem Besuch dazu gehören. Dieses Mindestmaß an Aufmerksamkeit möchte das Pferd regelmäßig entgegen gebracht bekommen.

Darüber hinaus hilft die sogenannte Bodenarbeit, um die Pferdesprache zu erforschen. Anstatt das Pferd von oben aus dem Sattel zu dirigieren, begegnet man ihm auf Augenhöhe in der Reithalle oder auf dem Reitplatz.

Dazu kann ein Hindernis-Parcours arrangiert werden oder das Pferd wird longiert. Beides erfordert eine direkte Kommunikation. Entstehen dennoch Missverständnisse, können diese unmittelbar korrigiert werden.

Eine weitere Übung wäre zum Beispiel das Follow up. Dabei soll das Pferd dem Menschen unaufgefordert folgen. Dem voraus geht meistens das Join up – sprich das Pferd geht unaufgefordert zum Menschen hin und sucht dessen Nähe. Leckerlis haben bei solchen Übungen nicht zu suchen. Es soll kein Verhalten antrainiert, sondern lediglich abgefragt werden.

Zusätzlich können Übungen wie Rückwärts-Richten, Slalom-Laufen und Hindernisse überwinden, den Kommunikationslevel steigern. Fürchtet sich das Pferd zum Beispiel vor Planen, weigert sich in den Transporter zu steigern oder Ähnliches, können solche Situationen gezielt geübt werden.

Aber auch ganz einfache Spiele fördern die Bindung zum Pferd. Vom klassischen Wettlaufen und Fangespielen (meistens gewinnt das Pferd) bis hin zu Ballspielen, Wasserspielen oder auch ganz schlichtweg mal zusammen auf der Koppel Zeit zu verbringen: Mit jeder neuen Situationen wird die Pferdesprache verständlicher.

Pferdesprache als pädagogische Basis für Kinder und Behinderte

Es verwundert nicht, dass Pferde hervorragend für therapeutische Zwecke eingesetzt werden können. Sie bringen viel Geduld mit, verstehen uns Menschen meistens sogar besser als wir selbst und haben weder Vorurteile noch Bedenken gegenüber Kindern und Behinderten.

Vor allem im Bereich Voltigieren begegnen sich Pferd und Anfänger nahezu problemlos. Das Pferd wird im Kreis longiert, der Patient trainiert auf dem Pferderücken Gymnastik- und Vertrauensübungen. Auch für alle anderen Anfänger eignet sich solch ein Einstieg. In Kombination mit der Pferdepflege, werden somit Bewegungen erlernt, das Verhältnis zum Pferd kann besser eingeschätzt werden und es entwickelt sich nach und nach eine gemeinsame Sprache.